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Ideengeber für die Corona-Forschung - Süddeutsche Zeitung

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Weltweit arbeiten Wissenschaftler daran, das Coronavirus Sars-CoV-2 besser zu verstehen - mit dem Ziel, einen Impfstoff oder ein wirksames Medikament zu finden. Einen Beitrag dazu leistet auch ein australisch-deutsches Forscherteam, dem Andrea Schafferhans-Fuhrmann, 46, Dozentin an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT), angehört. Gemeinsam mit einem Kollegen des Garvan Instituts in Sydney hat die Biochemikerin eine online verfügbare Software entwickelt, die es erleichtert, die dreidimensionale Form der Proteine des Virus optisch abzubilden. Dies soll es einfacher machen, Ansatzpunkte für die Behandlung von Covid-19 zu entdecken.

Die Online-Plattform "Aquaria", auf der die Daten abrufbar sind, haben Andrea Schafferhans-Fuhrmann und Sean O'Donoghue aus Sydney bereits vor mehreren Jahren entwickelt. Seit Februar sammeln sie dort auf einer neu geschaffenen Spezialplattform ausschließlich Informationen über das neue Coronavirus, die auch andere Wissenschaftler nutzen können. Eine Vorveröffentlichung, ein Preprint dazu, ist bereits allgemein zugänglich. In Vorbereitung ist ein Artikel in einem Fachmagazin, um "Aquaria" schnell einem möglichst breiten Forscherkreis bekannt zu machen. "Menschen denken räumlich", sagt Schafferhans-Fuhrmann, 3D-Modelle helfen nach ihren Worte zu verstehen, wie die Virusproteine funktionieren - gerade auch für Wissenschaftler, die bisher nicht auf Viren spezialisiert sind.

"Proteine stellen die Werkzeuge dar, mit Hilfe derer Viren in den menschlichen Körper eindringen und sich dort vermehren", erklärt die Weihenstephaner Forscherin. "Die dreidimensionale Form dieser Proteine zu kennen, hilft dabei, Hypothesen über die Wirkungsweise der Viren aufzustellen." Da die experimentelle Strukturbestimmung schwierig und langwierig sei, würden Computermodelle benötigt.

Die Geninformation von Sars-CoV-2 liegt inzwischen vollständig vor, zur Bekämpfung des Virus gilt es nun, die wichtigsten Proteinstrukturen zu entschlüsseln. A m bekanntesten sind die Spike-Proteine von Sars-CoV-2, die an die Zacken einer Krone erinnern und dem Virus seinen Namen gegeben haben. Durch sie kann es menschliche Zellen infizieren.

Schon in den Faschingsferien, als sich das Coronavirus in Italien schnell ausbreitete, sei ihr klar gewesen, dass Covid-19 auch in Deutschland zum Problem werden würde, sagt die Biochemikerin. Die Entwicklung habe sie nicht überrascht. Gleich zu Beginn der Pandemie war sie sich deshalb mit Sean O'Donoghue einig, dass möglichst viele Informationen zusammengetragen und zugänglich gemacht werden sollten, um einen Überblick geben zu können. Denn Proteinstrukturen seien oft sehr komplex. Auf der Plattform "Aquaria" gibt es beispielsweise einen Überblick über alle Proteine von Sars-CoV-2, eine andere Darstellung zeigt verschiedene Details, die helfen zu verstehen, wie die Virusproteine menschliche Proteine imitieren und mit ihnen wechselwirken. Dies kann für die Herstellung eines Impfstoffes oder Medikaments von Bedeutung sein, erklärt Schafferhans-Fuhrmann weiter.

Mit der Wirkstoffentwicklung haben die beiden Aquaria-Gründer nicht direkt zu tun. Sie verstehen sich als "Ideengeber, um neue Pfade zu finden", als Organisatoren und Datensammler. Die Forscherin hofft, dass es bald gelingt, einen Impfstoff zu entwickeln. Bis es soweit ist, sei das Eindämmen des Virus - durch Abstandsregeln und Schutzmasken - die "einzig sinnvolle Strategie", sagt sie.

Seit Beginn ihrer Promotion 1997 arbeitet Schafferhans-Fuhrmann mit 3D-Modellen, anschließend war sie in einer Bioinformatik-Firma und am Europäischen Mikrobiologie Labor (EMBL) tätig, 2009 wechselte sie an die TU München, dann 2016 an die HSWT als Dozentin für Chemie in der Biotechnologie. Die Arbeiten an dem Tool "Aquaria" begannen bereits zu ihrer Zeit an der TU München.

Ihr Partner in Australien betreibt "Aquaria" auf Cloud-Servern von Amazon, Schafferhans-Fuhrmann übernimmt das Rechnen der Modelle, für die Beschreibung und Vorhersage von Eigenschaften und Funktionen der Proteine arbeiten die beiden mit der TU München, der University of Dundee und dem University College London zusammen. Die Betreuung der Plattform sei sehr aufwendig, sagt die 46-Jährige, die Datenbank müsse immer wieder aktualisiert werden, "weil sehr viel geforscht wird". Auch Wirkstoff-Moleküle, die bei der Forschung an anderen Krankheiten bereits erprobt wurden, könne man in "Aquaria" finden und deren mögliche Wirkung auf Sars-CoV-2 sondieren. "Aber wir wollen eine noch bessere Übersicht", sagt die 46-Jährige. Das Coronavirus sei ein "extrem motivierender Anlass, die Plattform auszubauen, "darauf konzentrieren wir uns".




September 03, 2020 at 03:00AM
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