„Sitz! Das hast du fein gemacht!“ Wie erfassen Hunde, was und wie wir ihnen etwas sagen? Eine Studie zeigt nun, dass das Gehirn der Vierbeiner bei der Sprachverarbeitung hierarchisch vorgeht – genau wie das unsrige: Die Emotion vermittelnde Tonlage wird durch grundlegendere Hirnebenen erfasst, die Wortbedeutung hingegen in den höher entwickelten Regionen des Cortex. Dabei handelt es sich um eine interessante Parallele zwischen der Arbeitsweise des menschlichen Gehirns und der einer Spezies ohne gesprochene Sprache, sagen die Forscher.
Sie können hunderte von unterschiedlichen Wörtern verstehen und reagieren zudem auf die emotionalen Botschaften in der Intonation unserer Sprache. Diese Fähigkeit der Hunde spielt eine wichtige Rolle bei der innigen Beziehung des Menschen zu seinem „besten Freund“. Wenn wir beispielsweise „Sitz!“ sagen, können Hunde dies dem gewünschten Verhalten zuordnen. Ein Lob wie „Das hast du fein gemacht!“, verstehen Hunde zudem als eine positive emotionale Botschaft anhand der charakteristischen Tonlage, mit der sie Menschen sprechen. Beide Aspekte der Sprache spielen auch bei der zwischenmenschlichen Kommunikation eine wichtige Rolle und es sind bereits einige Prozesse bekannt, die dabei im Gehirn ablaufen.
Einblicke ins Hundehirn
Doch geht auch Ähnliches im Gehirn der Hunde vor? Schon seit einiger Zeit beschäftigen sich ungarische Forscher mit dieser Frage. „Die Erforschung der Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Sprachverarbeitung zwischen Hunde- und Menschengehirnen kann viel zum Verständnis der Schritte beitragen, die während der Evolution zur Entstehung der Sprache geführt haben“, sagt Co-Autorin Anna Gábor von der Eötvös Loránd Universität in Budapest. Durch Untersuchungen mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) konnten sie und ihre Kollegen bereits grundsätzlich zeigen, dass Hunde die beiden Aspekte der Sprache separat erfassen: Unterschiedliche Hirnbereiche scheinen an der Verarbeitung von Wortbedeutungen und dem emotionalen Tonfall beteiligt zu sein.
Doch bisher blieb die Frage offen, ob das Gehirn der Hunde dabei auch eine weitere charakteristische Funktionsweise mit dem menschlichen Gegenstück teilt: Wir verarbeiten die beiden Komponenten der Sprache hierarchisch. Das bedeutet, dass evolutionsbiologisch ältere Hirnbereiche des auditorischen Systems die emotionale Information der Intonation erfassen, während die Wortbedeutung auf einer höheren Ebene der zerebralen Hierarchie verarbeitet wird.
Um zu untersuchen, ob auch das Hundehirn ähnlich hierarchisch vorgeht, führten die Wissenschaftler erneut Versuche mit ihren Hunden durch, die daran gewöhnt sind, ruhig in einem Magnetresonanz-Tomografen zu liegen. Die Versuchstiere hörten während der fMRI-Aufnahmen ihrer Hirnaktivität lobende Ausdrücke wie „Gut gemacht!“ von ihren Trainern sowie unbekannte, neutrale Wörter sowohl mit lobender als auch mit neutraler Intonation.
Um detailliertere Einblicke in die Hirnfunktion zu gewinnen als zuvor, verwendeten die Wissenschaftler bei den neuen Tests eine spezielle Technik: Sie nutzten den Effekt der Habituation – den durch Gewöhnung bedingten Rückgang der Reaktion auf einen wiederholten Reiz, der ohne Folge bleibt. Der Effekt hat sich in der Hirnforschung als eine Möglichkeit zur Untersuchung erwiesen, ob Individuen in der Lage sind, zwischen bestimmten Reizen zu unterscheiden, und auch wo die entsprechende Verarbeitung abläuft.
Menschenähnliche Sprachverarbeitung
„Während der Gehirnabtastung wiederholten wir manchmal Wörter, manchmal Intonationen“, sagt Gábor. In dem Rückgang der Aktivität in bestimmten Hirnarealen spiegelt sich ihre Beteiligung an einer Reizverarbeitung wider, erklären die Wissenschaftler. So ist auch eine genaue Verortung des Bereichs möglich. Auf diese Weise konnten sie nun bestätigen, dass auch das Hundegehirn hierarchisch bei der Sprachverarbeitung reagiert: Intonation aktiviert niedrige Stufen (subcortikal), während bekannte Wörter auf höheren Ebenen des Gehirns (in cortikalen Regionen) verarbeitet werden, ging aus den Hirnscans hervor.
„Obwohl die Sprachverarbeitung beim Menschen in vielen Aspekten einzigartig ist, zeigt diese Studie interessante Ähnlichkeiten zwischen uns und den Hunden“, resümiert Co-Autor Attila Andics. Das bedeutete allerdings nicht unbedingt, dass sich diese hierarchische Verarbeitungsweise speziell für den Umgang mit Sprache entwickelt hat“, gibt der Wissenschaftler zu bedenken. „Stattdessen könnte sich in dem System ein allgemeineres, nicht sprachspezifisches Verarbeitungsprinzip widerspiegeln: Grundlegendere, emotional geladene Hinweise – wie die Intonation – werden typischerweise auf niedrigeren Stufen analysiert, während komplexere, erlernte Informationen – wie die Wortbedeutung – bei mehreren Spezies auf höheren Stufen analysiert werden“, sagt Andics.
Quelle: Eötvös Loránd Universität, Fachartikel: Scientific Reports, doi:10.1038/s41598-020-68821-6
August 03, 2020 at 05:58PM
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